Gendern in Online-Texten

Dann gibt es im Deutschen die wunderbare Spielart der „Substantivierung von Verben“. Das ist was für Profis, aber es macht auch Spaß. Aus „Studenten/Studentinnen“ werden „Studierende“, aus „Leser/innen“ „Lesende“. Wobei sich die „Leserschaft“ ja schon daran gewöhnt hat, als „LeserInnen“ angesprochen zu werden.

Die geschlechtergerechte Anrede

Wenn Sie Ihre Leserschaft direkt ansprechen wollen, dann machen Sie sich bitte einfach die altmodische Mühe, beide Geschlechterformen zu verwenden. Also „Liebe Leserinnen und Leser“ (oder auch umgekehrt) statt „Liebe Leser/innen“ (oder LeserInnen). Letzteres finde ich persönlich dem jeweils anderen Personenkreis gegenüber unhöflich, daher bevorzuge ich die Ausformulierung.

Amtsdeutsch bitte, wenn’s formell wird.

Bei Formularen, Rechtsdokumenten oder zu anderen „offiziellen“ Anlässen machen Sie garantiert nichts verkehrt, wenn Sie jeweils beide Geschlechter-Formen verwenden. „Bürger/Bürgerin“, „Inhaber/Inhaberin“ etc. empfindet in diesem Zusammenhang niemand als störend oder lästig.

Texte mit Umschreibungen anreichern

In der Musik gibt es die Methode der „Paraphrasierung“. Hier wird eine Melodie „umspielt“. Dadurch wird das Musikstück interessanter und abwechslungsreicher. Und genau das funktioniert auch beim Gendern von Texten. Der Duden gibt hier ein paar schöne Beispiele:

  • mit einem Adjektiv
    • ärztlicher Rat
    • verfasst von
    • fachkundiger Rat
    • Rat des Arztes
    • Verfasser
    • Rat eines Fachmanns
  • mit direkter Anrede
    • Bitte schließen Sie Ihre Tasche ein.
    • Sie werden benachrichtigt.
    • Benutzer werden gebeten, ihre Tasche einzuschließen.
    • Antragsteller werden benachrichtigt.

… und vieles andere mehr. Weitere Tipps können Sie hier nachlesen. Es lohnt sich!

Wenn alles nichts hilft …

Wir können uns drehen und wenden wie wir wollen, aber bei manchen Fachtexten trägt ein „gewolltes“ Gendern nicht gerade zu einer verbesserten Verständlichkeit bei. Daher gibt es hier einen ganz einfachen Tipp: Fügen Sie Ihren formalen Texten eine neue Seite zu: „Gender-Hinweis“. Diese platzieren Sie gut sichtbar im Bereich von anderen wichtigen Seiten wie „Impressum“, „Kontakt“ und „Datenschutz“. Und auf dieser Seite erklären Sie ausführlich, warum Sie an einigen Stellen auf geschlechtergerechte Formulierungen verzichten. Aber bitte geben Sie sich hier etwas Mühe und gendern Sie in diesem Zusammenhang korrekt und ausführlich, was das Zeug hält.

Nachtrag

Der eBusiness Lotse Berlin – das ist ja auch nicht gerade ein gender-gerechter Name. Wir haben auch schon über eine Umbenennung nachgedacht. Aber dieser Service existiert seit einer Zeit (2003), als das Gendern noch kein so großes Thema war, denn „bei uns in der Internetszene“ wurde oder fühlte sich niemand irgendwie ausgegrenzt, der „was drauf hatte“. Gemeint waren immer alle, die mitmachen wollten. Der Frauenanteil war in dieser damals jungen Branche ungleich höher als in irgend einem anderen Technologiesektor – übrigens auch in den Führungsetagen. Ich (die Authorin) war quasi von Anfang dabei, daher muss ich es wissen.